Kauf meines Lagerbestands durch Amazon – Marketplace-Händler aufgepasst [Update]
[Update]
Nun berichten auch alle großen Medien und Fachmedien über die Funkion "Kauf meines Lagerbestands durch Amazon zulassen": Handelsblatt, Shopanbieter.de Internetworld, Lebensmittelzeitung
Zusätzlich zu den bereits im unten stehenden Beitrag vom 27.April 2016 geschilderten Änderungen für Händler, ist die Sichtweise dass Marktplatzteilnehmer mit dieser Funktion automatisch zum Großhändler werden, wodurch diese in juristische Erklärungsnöte gegenüber Ihren Lieferanten kommen könnten. Auch die automatische Aktivierung der Einstellung für alle Marketplace-Händler ist bemerkenswert. Doch so dramatisch wie z.B. Handelsblatt titelt ist die Sache nicht, wie auch Markt Steier in seinem wortfilter-Blog feststellt. Entgegen der letzen Veränderung von Amazon, werden wohl alle großen Marketplace-Teilnehmer diese Funktion schnell wieder deaktivieren, wodurch v.a. kleinere Marketplace-Händler die Funktion unbewusst, aber auch bewusst nutzen werden, da sie eben nicht nur Nachteile bietet:
Amazon nutzt EU Richtlinien zum eigenen Wettbewerbsvorteil
Bislang verwies Amazon im Hinblick auf bürokratische und behördliche Richtlinien aus Brüssel und die damit einhergehenden Herausforderungen und Kosten für Händler, stehts darauf, dass diese schlicht durch alle Händler einzuhalten sind. Eine Hilfestellung fand jedoch nicht statt. Aktuell jedoch kann die Funktion "Kauf des Lagerbestands durch Amazon" als eine erste Maßnahme von Amazon bewertet werden, dass Amazon proaktiv eine praxisnahe Hilfestellung bei der Einhaltung von Vorschriften bietet. Bisher stellte Amazon lediglich technische Möglichkeiten für einen internationalen Vertrieb im Amazon-Backend bereit, die aber v.a. kleinere Marketplace-Händler wegen der nach wie vor praxisfernen bürokratischen Hindernisse, in der Mehrzahl nicht nutzen können. Allen voran eben die Registrierungspflichten und Kosten der WEEE-Richtlinie. Mehr dazu demnächst in einem separaten Beitrag.
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Nachdem Amazon in letzter Zeit bereits Neuerungen für FBA-Händler ankündigt hat, legt Amazon offensichtlich nach. Das neue Feature für Amazon Marketplacehändler nennt sich "Kauf meines Lagerbestands durch Amazon zulassen" und versteckt sich in den "Versand mit Amazon" Einstellungen und betrifft dadurch Marketplace Händler, die bereits FBA nutzen. Ein Händler berichtet in der Facebook-Gruppe von Wortfilter über ein Pilotprojekt seitens Amazon, dass Händler beim internationalen Vertrieb Ihrer Produkte unterstützen will.
Diese Funktion ist defaultmäßig aktiviert. Quelle: Screenshot Amazon
Zunächst die Amazon Hilfeseite im Wortlaut
- Kauf Ihres Lagerbestands durch Amazon zulassen
Amazon möchte Ihnen dabei helfen, dass Ihre Angebote mehr Aufmerksamkeit erlangen und Sie Ihren europaweiten Umsatz steigern können. Im Rahmen eines neuen Programms kann Amazon Ihre Produkte zum Angebotspreis auf Ihrer lokalen Marketplace-Site kaufen und diese möglicherweise über Amazon.co.uk, Amazon.fr, Amazon.it und Amazon.es weiterverkaufen.
Wenn Amazon Ihren Lagerbestand kauft, läuft dies genauso ab wie beim Verkauf an einen inländischen Kunden über Versand durch Amazon. Aus der Teilnahme an diesem Programm entstehen keine zusätzlichen Kosten. Wir kaufen Lagerbestand zum Angebotspreis auf Ihrer lokalen Marketplace-Site ein und stellen Ihnen die Standardgebühren gemäß Marketplace-Site und Versand durch Amazon in Rechnung.
Als Verkäufer besteht die einzige Änderung für Sie in der Umsatzsteuerberechnung. Für jeden Kauf von Amazon erstellen wir in Ihrem Namen eine elektronische Rechnung mit ausgewiesener Umsatzsteuer für uns. Sie bleiben weiterhin für die Buchführung Ihrer Umsatzsteuerrechnungen und Abgabe Ihrer Umsatzsteuererklärungen bei den Steuerbehörden verantwortlich.
Es ändert sich nichts an der Preisgestaltung im Inland, dem Bestellvorgang und der Kontaktaufnahme.- Preisgestaltung: Wenn Ihr Angebot im Versandzentrum Ihrer lokalen Marketplace-Site auf Lager ist, kaufen wir es zu Ihrem Angebotspreis ein.
- Bestellvorgang: Bei Bestellungen mit Amazon als Kunde wird auf der Seite "Bestellungen verwalten" als Versandadresse die Amazon-Adresse für Ihre lokale Marketplace-Site angegeben.
- Kontaktaufnahme: Nach dem Kauf können Sie über die Ihnen bekannte Seite "Kunden kontaktieren" mit Amazon in Kontakt treten.
Dieses Programm wirkt sich nicht auf Ihre Verkäufe an andere Kunden im In- und Ausland aus.
Abgesehen davon, dass Sie Ihre selbst ausgestellten Rechnungen prüfen, darüber Buch führen und Amazon die Umsatz-Identifikationsnummer nennen müssen, die Sie für EU-interne Transaktionen in allen Ländern mit Lagerbestand verwenden, entsteht für Sie durch die Teilnahme an diesem Programm kein zusätzlicher Aufwand. An Ihrem aktuellen Verkäuferstatus ändert sich nichts. Zur Teilnahme an diesem Programm müssen Sie keinen Einzelhändler-Status annehmen.
Sie können die Teilnahme an dem Programm beenden, wenn Sie befürchten, dass Ihre Produkte eventuell gegen geltende Gesetze verstoßen oder Sie diese nicht auf anderen Marketplace-Sites vertreiben dürfen. Um die Teilnahme an diesem Programm zu beenden, rufen Sie in Seller Central die Einstellungen für Versand durch Amazon auf und deaktivieren die Option "Kauf meines Lagerbestands durch Amazon zulassen". Verkäufer können die Teilnahme jederzeit beenden.
Doch was bewirkt diese Funktion eigentlich genau?
Ändert ein Händler für eine SKU den Versand zu "Versand durch Amazon" und sendet einen oder mehrere Artikel in ein oder mehrere Amazon Fulfillment-Läger, dann kann Amazon diese FBA-Produkte nicht nur auf Amazon.de, sondern auch auf Amazon.it, Amazon.es, Amazon.uk.co und auch Amazon.fr automatisch und ohne dass Händler den Verkauf auf diesen EU-Plattformen zusätzlich authorisieren müssen zum Verkauf anbieten.
Nach Rücksprache mit Amazon wurde einem Händler seitens Amazon diese Funktion dahingehend erklärt, dass Händler somit die unkomplizierte Möglichkeit haben, Ihre FBA-Produkte in anderen Ländern ohne Risiko anzutesten, da Amazon als Verkäufer auftritt.
Was an Default-Einstellungen durch Amazon problematisch ist
- Default-Aktivierung - FBA-nutzende Händler werden schlecht informiert - Zustimmung in Aktualisierung der AGB verpackt.
- Unkontrollierbare Übersetzung von Produkttexten
- Die Preise des Artikels werden von Amazon (Kauf des Lagerbestands) bestimmt und liegen teilweise deutlich über den Preisen auf Amazon.de
Einschätzung
Amazon setzt bzw. aktiviert diese Optionen ohne Zutun der Händler. Dies ist aus Händlersicht als negativ zu bewerten, da dies zu den obig genannten Problemen führen kann. Auch die Eruierung des Absatzpotentials ist nicht so einfach möglich, wie dies Amazon den Händlern im Hilfetext suggeriert. Amazon Marketplace Händler sollten auf der Seller Central Seite dringend prüfen, welche Einstellung für Ihre Artikel "gewählt" ist.
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Alexander Hofmann
Alexander Hofmann ist Geschäftsführer der HOWADO GmbH, die mit ecomparo Recherche- & Beratungsleistungen zur Auswahl passender E-Commerce-Software bietet. Als E-Commerce Experte unterstützt er Unternehmen dabei, die Zukunftsfähigkeit von Geschäftsmodellen zu validieren, E-Commerce-Strategien zu bewerten und durch die Identifikation der individuell passenden E-Commerce-Software-Bausteine ein langfristig uneingeschränktes Unternehmenswachstum sicherzustellen. Er schreibt und spricht regelmäßig über verschiedene Themen des E-Commerce und ist ein gefragter Interviewpartner in Fachmagazinen.