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Plentymarkets Cloud-Services Ausfall 2014 und die Folgen

von Alexander Hofmann / Montag, 03 November 2014 / Veröffentlicht in News

Am 01.11.2014 kam es, verursacht durch einen Stromausfall, zu einer Störung der Plentymarkets E-Commerce Dienste. Vom Ausfall betroffen waren alle Systeme. Nun hat der Betreiber des Rechenzentrums eine erste Stellungnahme abgegeben, wie es zu dem Ausfall kommen konnte. Laut MK Netzdienste GmbH & Co. KG verursachte eine kurze Netzstörung im Raum Frankfurt die automatische Übernahme der Stromversorgung durch USV-Batterien, wobei hier der Worst Case eintrat und je USV Strang mindestens eine Batterie defekt war. Dadurch erlitt das Gesamtsystem von Plentymarkets einen unkontrollierten Shutdown ohne letztmalige Datensicherung. 

 

Daten wiederhergestellt - Template-Probleme

Unmittelbar nach der Störung wurden innerhalb von vier Stunden laut Angabe von MK Netzdienste GmbH & Co. KG die meisten Systeme mit den letzten Datenbanksicherungen wieder eingespielt. Einige Händler beklagten jedoch Darstellungsprobleme hinsichtlich der wiederhergestellten Shop-Templates. An welchen Systemen im Detail und in welchem Maße (Zeitraum) Daten verloren gingen, werden weitere Analysen, Erfahrungsberichte und Recherchen zeigen.

 

Tragweite des Ausfalls

Da Plentymarkets zu großen Teilen auch als Cloud-ERP/ Warenwirtschaft und Multichannel Schnittstelle eingesetzt wird, betraf die Störung nicht nur Onlineshops, die Plentymarkets im Frontend einsetzen, sondern auch Shops die andere Shopsysteme einsetzen und Plentymarkets im Backend zur Verwaltung und zentralen Warenbestandsführung nutzen. Da jedoch auf Marktplätzen wie ebay, amazon oder meinpaket auch ohne synchrone Datenanbindung an Plentymarkets Waren zum Verkauf angeboten wurden, führt dies zu weiterem Aufwand bei der Aufarbeitung des Plentymarkets-Clusterausfalls am 01.11.2014.

Der fortlaufende Verkauf auf den Marktplätzen verhinderte zwar einen kompletten Verlust der Marktplatz-Umsätze. Durch das Fehlen von Features wie Repricing, dem Wiedereinstellen von Artikeln bei Marktplatz-Nullbestand eines Artikels und weiteren Diensten dürften jedoch zweifellos Umsätze verloren gegangen sein. Indes können weitere nachfolgende Probleme genannt werden:

  • Warenbestand nicht mehr synchron. Manuelle Synchronisation über das Gesamte Sortiment erforderlich.
  • Unter Umständen händische Bearbeitung der Martplatzverkäufe während des Ausfalls
  • Mögliche Überverkäufe auf Platformen, da Warenbestand nicht synchronisiert wurde. Dies betrifft v.a. Topseller mit niedrigem Warenbestand.
  • Preisaktionen, die nicht mehr durch das Plentymarkets-Backend beendet werden konnten.
  • Mehraufwand der Artikelsynchronisierung zwischen Plentymarkets und Martplätzen (Stichwort Inventur)
  • Vermutlich noch etliche weitere, schwer vorherzusehende Detail-Probleme

 

Erfolgt nun die nächste Welle des Cloud-bashings?

Seit den anhaltenden Veröffentlichungen über Datenspionage erleidet die Cloud als die zukunftsträchtigste Platform-Technologie aus Datenschutzgründen und Wirtschaftsspionage-Vorwürfen gebremste Beliebtheit. Der nun erfolgte Plentymarkets Systemausfall führt nun die - zweifelsfrei vorhandenen - weitreichenden Auswirkungen einer System-Störung auf das Geschäft von Onlinehandelsunternehmen vor Augen, auch wenn durch die schnelle Reaktion und Wiederherstellung der Plentymarkets-Cluster wohl weit schlimmerer Schaden in Form von tagelangen Umsatz-Einbußen vermieden werden konnte. Die Kosteneinsparungen und größere Leistungsfähigkeit durch die Verwendung von Cloudtechnologie werden u.a. auf Kosten der Unabhängigkeit von der Infrastruktur des Cloud-Dienstleisters verwendet.

Obwohl dies wohl jedem Nutzer/ Händler bewusst sein dürfte, lassen vergangene Ausfallstatistiken von verschiedenen Cloud-Services und Erfahrungsberichte vom Muster "Es gab noch nie größere  Ausfälle" das Risiko einer zukünftigen Notfall-Situation sehr niedrig erscheinen. Blanke Verfügbarkeitsstatistiken zeigen im Falle von Plentymarkets (99,98% Verfügbarkeit vor dem Vorfall, 99,89% danach), dass diese Zahlen im Ernstfall von relativer Bedeutung sind und über die Folgen für die Unternehmenskunden keine Aussage geben. 

Aber auch die Verfügbarkeit von selbst gehosteten Systemen kann niemals zu 100% sichergestellt werden. Da jedoch von einem Ausfall eines Cloud-Services stets eine extrem große Anzahl an (gewerblichen) Nutzern betroffen ist, und die - wie im Falle von Plentymarkets - in einer existenziellen Abhängigkeit zur Verfügbarkeit der Cloud-Lösung stehen, sind die Ansprüche an die Ausfallsicherheiten von E-Commerce Cloud-Services um ein vielfaches höher, als die an selbstgehostete Shopsysteme. 

 

Achillesferse Stromversorgung und Netzzugang

Der unplanmäßige Shutdown des Plentymarket-Clusters lässt die Stromversorgung als eine Achillesferse von Cloud-Services deutlich werden. Tritt, wie bei Plentymarkets, eine Batterie-Störung zur Überbrückung der Stromversorgung bis zum evtl. Hochfahren von Notstrom-Aggregaten ein, so bleiben auch Hardware-Redundanzen wirkungslos. Eine weitere Achillesferse stellt meist der Netzzugang vom Server des Anbieters zum Rechenzentrum, bzw. vom Rechenzentrum zum nächsten Internetknoten dar. Auch hier bleiben Maßnahmen zur Server-Redundanz ohne jeden Einfluss auf die Verfügbarkeit der Dienste.

Geo-Redundanz durch zweiten Standort

Bereits in der ersten Stellungnahme weißt Plentymarkets auf die nun intensivierten Pläne zum Aufbau eines Clusters in einem zweiten, unabhängigen Rechenzentrum hin. Der Bedarf und die Bedeutung dieser strategischen Überlegungen wurde nun durch den Vorfall Ende 2014 offensichtlich. Die oben genannten Achillesfersen können - die reibungslose Steuerung und automatisierte Umschaltung im Ernstfall vorausgesetzt - durch Geo-Redundanz auf den extrem seltenen Fall einer deutschlandweiten Störung der Stromversorgung (+ erneute USV Problematik an zwei Standorten) weiter reduziert werden.

 

Kommunikation im Falle des Ausfalls: Verbesserungswürdig 

Da die Krisen-Kommunikation während der Störung auf Facebook beschränkt war und erste kurze Informationen erst nach über einer Stunde seitens Plentymarkets gepostet wurde, äußerten viele Händler unmittelbar und ungefiltert ihren Frust. Ein automatischer Hinweis per E-Mail an die Plentymarkets Kunden über den Ausfall oder den Status "Down" erfolgte nicht, da vom Stromversorgungsproblem auch die Mail-Server betroffen waren. 

 

Die Folgen

In der ersten Stellungnahme wird deutlich, dass sich Plentymarkets über die Bedeutung des Total-Ausfalls sowie die derzeitige Abhängigkeit von einem Rechenzentrum bewusst ist. Es wurden kurzfristige Stabilisierungsmaßnahmen (Tests + zusätzliche Hardware) durchgeführt und strategische Gegenmaßnahmen angekündigt. Aber auch andere Anbieter von Cloud-Diensten werden Ihre Nofallszenarien überprüfen. Dies führt im Besten Falle zu einer langfristigen Steigerung der Stabilität von Cloud-Services im Allgemeinen.

 

Die aktuellen Geschehnisse bei Plentymarkets werden deshalb dazu führen, dass sich bestehende, aber auch zukünftigen Kunden von E-Commerce Cloud-Diensten (wieder) vermehrt im Detail mit den Notfall-Szenarien und -Maßnahmen eines Systemausfalls, sowie deren Auswirkungen im Falle das "worst  case" auseinander setzen müssen.

 

Auch wir von ecomparo werden auf den Plentymarkets-Ausfall reagieren. Das Cloud-Merkmal "Georedundante Daten" ist schon länger ein Vergleichskriterium im detaillierten Vergleich der verschiedenen E-Commerce Lösungen. Zur Darstellung der Unterschiede der verschiedenen Ausfall-Mechanismen und -Szenarios werden wir zukünftig in diesem Bereich unseren Vergleich erheblich erweitern. 

 

Persönliche Einschätzungen

In den Kommentaren sind betroffene und unbetroffene Händler dazu aufgerufen Ihre persönliche Einschätzung der Situation zu schildern.

 

 

Dieser Artikel wurde geschrieben von:

Alexander Hofmann ist Geschäftsführer der HOWADO GmbH, die mit ecomparo Recherche- & Beratungsleistungen zur Auswahl passender E-Commerce-Software bietet. Als E-Commerce Experte unterstützt er Unternehmen dabei, die Zukunftsfähigkeit von Geschäftsmodellen zu validieren, E-Commerce-Strategien zu bewerten und durch die Identifikation der individuell passenden E-Commerce-Software-Bausteine ein langfristig uneingeschränktes Unternehmenswachstum sicherzustellen. Er schreibt und spricht regelmäßig über verschiedene Themen des E-Commerce und ist ein gefragter Interviewpartner in Fachmagazinen.

Tobias Walbert ist Geschäftsführer der HOWADO GmbH, die mit ecomparo.de individuelle und umfassende Shopsystem-Vergleiche und Recherchemöglichkeiten für Onlineshopbetreiber und andere E-Commerce-Zielgruppen ermöglicht. Als Inhaber eines IT-Unternehmens blickt er auf 12 Jahre Praxiserfahrung im stationären Handel und im Kundenservice zurück. Als Ingenieur und Querdenker berät er Unternehmen bei unterschiedlichsten strategischen und technischen Fragestellungen - immer nach dem Motto: "Jeder mit einer neuen Idee ist ein Spinner, bis die Idee Erfolg hat."
Mail: t.walbert@ecomparo.de Tel: +49 (9602) 9390756

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